Du arbeitest nicht nur als Journalist, sondern auch als Trendexperte. Wann ist eine neue Entwicklung für dich ein Trend?
Trends sind Dinge, die man sich wünscht, von denen man träumt. Sie können durch technologische Innovationen entstehen oder dadurch, dass man sich von etwas inspirieren lässt, was jemand anderes tut. Im letzteren Fall sprechen wir von der Beeinflussung durch andere Menschen. Für mich sind die interessantesten Trends die, die mit Werten zu tun haben. Was halten wir für wichtig? Was ist der Status Quo und auf welche Weise hat er sich verändert?
Wo findest du die besten Inspirationen als Trend Scout? Wie entscheidest du, ob etwas ein Trend oder lediglich eine Produktneuheit ist?
Ich erarbeite meine Trendforschung aus vier Blickwinkeln: Ich lese Statistiken aus verschiedensten Bereichen (Wie entwickeln wir uns, wie viele Haustiere haben wir…?) und ich führe Interviews mit bekannten Persönlichkeiten der Branchen, aber auch mit ganz normalen Menschen, um zu erfahren, wohin wir uns bewegen.
Dann schaue ich mir die Geschichte an (Haben wir das schon einmal gemacht?) und schließlich fließen noch meine praktischen Beobachtungen von Messen und Design Festivals in die Ergebnisse mit ein.
Ich besuche etwa 15-20 Messen pro Jahr und reise in 5-10 Weltmetropolen wie New York, London, Paris und Mailand, um immer auf dem Laufenden zu sein. Bei meiner Trendforschung geht es oft darum, eine Ahnung, eine Sensation zu finden. Es fühlt sich an, als gäbe es eine Veränderung oder einen Wandel. Dann schaue ich mir Statistiken, Interviews und Messen an, um Beispiele zur Verifizierung zu finden. Diese muss ich dann so verpacken, dass die Leute sie verstehen und ihnen zustimmen.
Für deine Experten-Talks erstellst Moodboards. Wie hast du in deinem Zuhause eine Umgebung geschaffen, die dich inspiriert?
Ich denke, es ist unverzichtbar, sich zu bewegen. Ich habe einen „Arbeitsplatz“ in der Küche, ein Extrazimmer für Kreativarbeit und dann lese ich noch viel im Schlafzimmer. Ich würde sagen, es ist entscheidend, vom Stuhl aufzustehen, sich Kaffee zu holen und Pflanzen zu gießen. Man darf nicht zu lange stillsitzen.
Die Grenzen zwischen Zuhause und Home Office sind manchmal fließend. Wie gelingt es dir, privat und beruflich räumlich zu trennen?
Ich habe festgestellt, dass diese Frage zu Beginn der Pandemie wichtig war. Wir sprachen viel über Raumteiler und einen speziellen Arbeitsbereich, so dass wir im Grunde einen Start- und Stopp-Knopf haben konnten. À la: „Wenn ich hier sitze, hat die Arbeit begonnen“. Heute erlebe ich, dass die Gespräche völlig anders verlaufen. Sie drehen sich eher darum, wie das WLAN funktioniert. Nicht, ob man einen richtigen Arbeitsplatz hat oder nicht. Ich gehe davon aus, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt mehr über Stühle und Schreibtische für unser Home Office sprechen werden, aber im Moment geht es mehr um die Regeln an sich. Die Frage, ob wir zwei Tage pro Woche von Zuhause aus arbeiten sollten oder gar nicht, steht derzeit eher im Mittelpunkt.
In deinem Home Office hast du einen Steharbeitsplatz, aber auch eine gemütliche Ecke für kreatives Schaffen. Was war dir bei der Auswahl der Möbel besonders wichtig?
Ich habe drei große Arbeitsbereiche: Küche, Steharbeitsplatz und eine Sofalandschaft. Alles hat grundsätzlich einen bestimmten Zweck. Der Großteil des Schreibens (E-Mails und Artikel) wird in der Küche erledigt, der Steharbeitsplatz ist eigentlich für Videokonferenzen gedacht und das Sofa ist zum Lesen da. Bei der Auswahl der Möbel geht es darum, dass man Dinge hat, die man mag und die zur eigenen Persönlichkeit passen. Mir gefallen verschiedene Arten der Rückenunterstützung. Manchmal möchte ich mich nach vorne lehnen und manchmal ausruhen. Und natürlich ist es bei einer Videokonferenz schön, eine gute Haltung zu haben.
Und eine letzte Frage: Setzt du zuhause auf die neuesten Trends oder wählst du eher zeitlose Einrichtungsgegenstände, die dich mehrere Jahre lang begleiten werden?
Ich wähle auf jeden Fall Dinge, die meinem Geschmack entsprechen. Ich entscheide mich nicht für Gegenstände, die trendy sind. Ich glaube, ein gemeinsamer Nenner ist, dass ich viele Polstermöbel habe. Ich bevorzuge weiche Möbel. Das ist beruhigend. Aber ich möchte auch Dinge um mich haben, die eine starke Persönlichkeit besitzen.
Wer arbeitet hier?
Stefan Nilsson ist Schwedens bekanntester Trendforscher. Er schreibt regelmäßig Beiträge für Fernsehen, Radio und Zeitschriften. Ständig ist er zu Fuß unterwegs, um neue Phänomene in den Bereichen Einrichtung, Design, Mode, Essen und anderen Dingen, von denen wir träumen, aufzuspüren. Sein Blog „Trendstefan“ wurde 2006 ins Leben gerufen. Neben seiner Arbeit als Trendexperte und Journalist ist Stefan noch Eigentümer und Kurator der „Designgalleriet“ in Stockholm.