Page 17 - From Space to Place
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                 S.C. _ Es gibt kein Patentrezept, das in allen Fällen anwendbar ist. Wir schauen uns die Anforderungen, die Vision und die Ziele des Unternehmens an und müssen auch die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter verstehen. Unsere Recherchen helfen uns zu erkennen, wie wir den Arbeitsraum ausbalancieren müssen, um die Flexibilität zu gewährleisten, die die wechselnden Bedürfnisse der Konzentrati- on und Zusammenarbeit und all der Bereiche dazwischen verbindet. Verschiedene Unternehmen pflegen unterschiedliche Arbeitsweisen, daher versteht es sich, dass wir nicht nur eine Lösung bieten können. Wir denken auch, dass die Einbindung der Mitarbeiter in diesen Pro- zess – ein Mitspracherecht bei den Entscheidungen – nicht nur der erste Schritt hin zum richtigen Mix, sondern auch die beste Möglich- keit ist, die Mitarbeiter zu mehr Engagement zu ermutigen und so die Voraussetzungen für erfolgreiche Teams zu schaffen.
Das Konzept des „Evolutionsmodells“ bringt eine emotionale Dimension in den Büroraum. Welchen Mehrwert bringt dieses Modell und welche Bedeutung hat es bei der Schaffung von Räu- men, die dafür ausgelegt sind, Mitarbeiter einzubinden? Und wie bewerten Sie die emotionalen Auswirkungen Ihrer Projekte?
T.R. _ Wir glauben, dass ein „Zugehörigkeitsgefühl“ ein grundlegen- des Bedürfnis von uns allen ist. Deswegen suchen Menschen nicht nur nach interessanten Arbeitsstellen oder einem guten Gehalt. Ihre Suche konzentriert sich darauf, einer Gruppe oder einem Unterneh- men anzugehören. Sie wollen stolz auf ihren Arbeitsplatz sein und sich mit ihrer Arbeit identifizieren. All dies sind emotionale Elemente, die der Raum ausdrücken kann, indem er die Leidenschaft der Men- schen aufzeigt, die Identität des Unternehmens schafft und die Werte und Visionen repräsentiert, die das Unternehmen mit den Mitarbei- tern gemeinsam hat. Dies schafft Bindung. Und die Forschung zeigt, dass Menschen, die eingebunden und emotional mit ihrem Arbeits- platz verbunden sind, bessere Leistungen erbringen. Sie sind weni- ger krank, haben weniger Unfälle und machen weniger Fehler. Jedes Unternehmen, das Mitarbeiter besser einbinden kann, wird dadurch im globalen Markt von heute gewaltige Vorteile haben.
Gibt es hinsichtlich der Balance zwischen dem Bedürfnis, sich zu konzentrieren, und der Zusammenarbeit im agilen Büro eine „gol- dene Regel“? Wenn ja, wie schneiden Sie diese Regel auf die spezi- fischen Bedürfnisse eines jeden Unternehmens zu?
S.C. _ Nein, um ehrlich zu sein, haben wir noch keine goldene Regel gefunden und jedes Mal, wenn wir das Thema der Balance zwischen
Konzentration und Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitern be- sprechen, bekommen wir ein anderes Ergebnis. Das liegt daran, dass Konzentration und Zusammenarbeit – ganz zu schweigen von allen anderen Möglichkeiten, die dazwischen liegen – die Elemente sind, die den Arbeitsplatz definieren. Wir kommen an Plätzen zusammen, weil wir in Teams arbeiten wollen. Gleichzeitig brauchen wir jedoch Orte, um uns zu konzentrieren und nachzudenken. Damit man arbei- ten und neue Ideen generieren kann, braucht man die richtige Balan- ce zwischen der Möglichkeit, nachzudenken und zu reflektieren, und der Option, sich mit anderen auszutauschen und diese zu inspirieren. Daher ist die Recherche entscheidend. Sie hilft uns zu verstehen, wie das Unternehmen funktioniert, wieviele Arbeitsweisen es unterstützt und wie man die richtige Mischung kreiert: die Auswahl der richtigen Zutaten und die Kombination derselben in der richtigen Weise, in der richtigen Menge und in der richtigen Architektur.
In Ihren Projekten ist es recht üblich, alltägliche Gegenstände zu verwenden, die herkömmliche Lösungen ersetzen: Boote und Straßenbahnen als Sitzungsräume, alte Haushaltsmöbel, um infor- melle Räume zu kennzeichnen. Welche Rolle spielen industrielle Büromöbel in den Sozialbereichen Ihrer Projekte?
T.R. _ Man findet tatsächlich recht ungewöhnliche Gegenstände in vielen unserer Projekte. Der Grund ist ganz einfach: Wir versuchen Identität zu schaffen. Und Identität basiert auf den Symbolen und Gegenständen, die die Kultur, die Werte und den Geist des Unterneh- mens verkörpern und reflektieren. Dies ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Wir verwenden diese Gegenstände auch, um emotionale Räume zu schaffen und eine gewisse Denkweise zu fördern.
Wenn wir einen Workshop-Raum entwerfen, denken wir gern daran, wie sich Leute darin entspannt, offen und an den Ideen anderer in- teressiert aufhalten. Daher schaffen wir eine Bühne, indem wir die funktionalen Möbel von Büroausstattern mit den emotionalen Kom- ponenten kombinieren, die wir überall finden könnten. Da es jedoch sein kann, dass die Leute ihre Arbeitsweisen schnell umstellen müs- sen, gestalten wir die Räume immer so, dass man dort auch möglichst schnell umdenken kann. Nur eine Kombination verschiedener Lösun- gen, d. h. Wohnmöbel, Wohnaccessoires und Büromöbel, kann den Menschen wirklich helfen, den Arbeitsraum bestmöglich zu nutzen.
Mehr Infos über den Bürodesign-Ansatz von Evolution Design finden Sie im Abschnitt „Die Fallstudie“, Seite 22
DAS EXPERTENGESPRÄCH | 17
























































































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